Stefan Heijnk: Texten fürs Web
Grundlagen und Praxiswissen für Online-Redakteure
Lange, sehr lange, habe ich auf dieses Buch gewartet – auf der Website des Verlages war es seit über einem Jahr angekündigt. Und so bestellte ich nach Erscheinen sogleich ein Rezensionsexemplar für eDings, das umgehend bei mir eintraf – und das ich unter Vernachlässigung diverser Pflichten sofortiger Lektüre unterzog.
Beseitigen wir gleich das erste Missverständnis, das angesichts des Titels auftreten könnte: Dieses Buch handelt nicht sehr ausführlich vom Texten fürs Web. Es sollte besser heißen: Strukturieren von Inhalten fürs Web. Besser noch: Strukturieren von journalistischen Inhalten fürs Web unter Nichtberücksichtigung der Anforderungen von Corporate Websites.
Einigen wir uns auf diese Neu-Betitelung, dann haben wir ein sehr brauchbares Werk vor uns, das Online-Redakteuren von (Medien-)Websites eine gute Hilfestellung bei der Erstellung und Strukturierung des Contents liefert. Genauer: des Text-, Bild- und Multimedia-Contents auch größeren Umfanges auf „magazinigen“ Websites und Portalen.
Das Ziel solcher Websites ist nicht: Wie kommt der User schnell zu seinem Inhalt?, sondern: Wie erhöhe ich die Klickrate und die Verweildauer? Um dies zu schildern, verbindet der Autor die Erkenntnisse aus langjähriger Erfahrung in der Arbeit in und mit Online-Redaktionen mit einer angenehmen Menge an Theorie zu Usability, der Rolle von Hypertext und zum Internet-Nutzungsverhalten. Ein wesentliches didaktisches Hilfsmittel stellen die Abbildungen und Screenshots dar, die in hervorragendem Vier-Farb-Druck durchwegs bis in die kleinsten Details lesbar sind.
Sehr gut die Diskussion der Begriffe „Inverted Pyramid“ versus „Textschichten“, wie überhaupt Standardaussagen der Usability-Forschung kritisch hinterfragt werden – Beleg für die Auseinandersetzung des Autors mit der Thematik auf hohem theoretischen Niveau.
Der Autor führt sehr viele Begriffe für Stil- und Gestaltungselemente an, die sich im Laufe der kurzen Zeit des Content-Managens und -Gestaltens herausgebildet haben und die künftig als Standard-Elemente der Textgestaltung gesehen werden müssen:
Die Darstellung der Funktion des „Cliffhangers“ (Schnitt an spannender Stelle) ist an sehr guten Beispielen bis ins Detail ausgeführt. Der „Link-Dramaturgie“ ist ein ganzes Kapitel gewidmet, hier natürlich mit dem Schwerpunkt darauf, den User lange auf der Website zu halten, eine Kunst, die der Autor durchaus beherrscht. Ebenso hervorragend: die Beschreibung der Rolle des „Teasers“ und der Gestaltung von Einstiegspages auf immerhin 25 Buchseiten.
„Print-Material fürs Web: Veredeln statt Schaufeln“ – dieses Kapitel ist für meine Bedürfnisse etwas zu kurz geraten. Hier wird mehr auf die Strukturierung als auf die webgerechte Anpassung des Geschriebenen Bezug genommen, aber der spezifische Content, von dem hier die Rede ist, erfordert eben eine andere Behandlung als Marketing-, Image- und Pressetexte von Unternehmen.
Die letzten 40 Seiten sind dem „neuen Erzählen“ gewidmet: Die Gestaltung von Web-Specials, Hypermedia-Patchworks (sog. HMPs), Slideshows, Online-Features und 3D-Anwendungen (Wörmels, Panoramen, Foto-Bubbles) wird thematisiert und ihre Rolle in der Zukunft zur Diskussion gestellt.
Das Buch hat inklusive Literaturverzeichnis und Register 178 Seiten, die zu lesen ich nicht bereut habe. Das Buch ist Online-Redakteuren von Medien- und Magazin-Websites unbedingt zu empfehlen, aber auch Webdesigner und Entwickler von Content-Management-Anwendungen könnten das eine oder andere Aha-Erlebnis haben, was Redakteure heute und morgen so an Strukturierungsmöglichkeiten brauchen.
Für Webredakteure in Unternehmen bietet es Anregungen und Impulse, auch mal etwas Neues auszuprobieren. Hier wird es jedoch wichtig sein, die Service- und Kunden-Orientierung der Textgestaltung unter Zuhilfenahme anderer Quellen zu optimieren. Ein Blick in Net Words von Nick Usborne wird zum Beispiel hier sehr hilfreich sein (deutschsprachige Äquivalente gibt es leider – noch – nicht).
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