Suchmaschinenmarkt sortiert sich neu
Die Google-Konkurrenz dezimiert sich selbst: Yahoo übernahm Inktomi … Overture übernahm Altavista und Fast … und jetzt übernimmt Yahoo Overture im Rahmen eines Aktientauschs. Aus fünf mach eins – aber so entsteht zumindest ernsthafte Konkurrenz zum „freundlichen Monopolisten“ Google.
In den vergangenen Monaten gab es bei den Suchmaschinenbetreibern einen Wettlauf zwischen Platzhirsch Google und Konkurrent Overture. Beide machten durch Akquisitionen, neue Dienste und die Vision der „Internet-Suche der nächsten Generation“ auf sich aufmerksam. War Overture noch zum Jahresanfang auf „Pay-for-Performance“-Suchergebnisse konzentriert, so erwarb man im vergangenen halben Jahr zunächst AltaVista und dann FastSearch – und wollte sich zum Allrounder entwickeln.
Doch jetzt wird Overture selbst geschluckt – und zwar von Yahoo (und zwar im Rahmen eines Aktientausches im Wert von 1,63 Mrd. Dollar!). Zwar soll zunächst alles beim Alten bleiben, der alte Chef ist auch der neue … nur dass er jetzt auch die Interessen der Muttergesellschaft Yahoo berücksichtigen muss.
Pikant an der ganzen Entwicklung ist auch, dass sich viele Marktbeobachter auf den Zweikampf Google – Overture konzentriert haben. Dabei hatte Yahoo vor einiger Zeit bereits Inktomi, einen weiteren Mitspieler, übernommen. Der neue Machtkampf lautet also Google vs. Yahoo … wobei Yahoo (eigentlich ja ein typischer Portalbetreiber und einer der größten Webkataloge) das Ziel deutlich nennt: Marktführer unter den Suchmaschinenbetreibern zu werden!
Ganz leise bastelt auch Microsoft/MSN an eigenen Suchmaschinentechnologien – vor allem wohl, um nicht von den Branchenriesen abhängig zu sein. Eine echte Konkurrenz ist hier jedenfalls noch nicht zu erkennen, obwohl Microsoft zweifellos das nötige Kleingeld hat, hier umfangreicher zu agieren.
Interessanter ist vielleicht die Frage nach der Zukunft der Internet-Suche, den Erlösmodellen und der Frage der Marktbeherrschung. Gerade erst wurde in einer Studie der Bertelsmann-Stiftung als „freundlicher Monopolist“ bezeichnet. Demnach greifen 69 Prozent aller Internet-User, die Suchmaschinen einsetzen, auf Google zu. Und dabei sind die Kooperationen noch gar nicht berücksichtigt, bei denen Google-Ergebnisse bei anderen Internet-Angeboten eingeblendet werden.
Suche wird umfassender
Wie komplex das Geflecht der Suchmaschinen tatsächlich ist, hat Stefan Karzaunikat, Autor der Suchfibel und Betreiber der zugehörigen Website, , grafisch veranschaulicht.
Tatsächlich aber ist die „nackte“ Websuche, mit der Google gestartet ist, mittlerweile längst nicht mehr State of the Art – und das macht es auch so schwer, erfolgreich im Markt Fuß zu fassen. So bietet Google mit Web-, Bilder-, Usenet-, Verzeichnis- und Newssuche ein umfassendes Paket an – und immer wieder wird deutlich, dass diese unterschiedlichen Suchformen zusammenwachsen. Auch mit speziellen Suchdiensten wird experimentiert, beispielsweise gibt es für den amerikanischen Raum eine Shopsuche.
Yahoo kommt eher von der anderen Seite – startete nämlich als Webverzeichnis und entwickelte sich später zum Portal. Mit den direkten und indirekten Akquisitionen erweitert Yahoo sein Portfolio hier sehr stark in Richtung der klassischen Suche sowie der Suche nach Bildern und Dateien.
Erlösmodelle
Die andere Entwicklung betrifft die Geschäftsmodelle. Leider zahlen die Internetnutzer nicht für die Suchabfragen – also muss man andere Modelle finden. AltaVista und andere haben versucht, für die Aufnahme in die Suchmaschine Gebühren zu verlangen – möglichst gar Jahr für Jahr. In der Praxis rechnen sich diese Modelle aber nicht für kleinere Betreiber … und auf die Aufnahme der großen Portale und Online-Magazine wollen viele Suchmaschinen schon aus Gründen der Attraktivität nicht verzichten. Eines der Schlagworte der letzten Zeit lautet daher „Pay-for-Performance“. Im Grunde werden hierunter bezahlte Platzierung in der Trefferliste verstanden – und bezahlt wird nicht für die Anzeige, sondern nur für erfolgte Weiterleitungen (oder anders ausgedrückt: konkrete Klicks auf diese Ergebnisse). Overture ist hier führend und liefert solche Ergebnisse nicht nur für zahlreiche scheinbar unabhängige Suchmaschinen wie die T-Online-Suche, sondern auch für die Sidebars z.B. von n-tv. Aber auch Google ist hier nicht untätig und liefert in Deutschland für Focus z.B. die „sponsored Links“ in der linken Sidebar.
Der Unterschied: Während Overture-Ergebnisse zum Teil kaum von regulären Suchmaschinentreffern unterschieden werden können, trennt Google hier stärker und kennzeichnet solche Ergebnisse deutlicher als Werbung. Mit textbasierten Werbeeinblendungen (Google AdWords) steht jedem Interessenten die Möglichkeit offen, selbst Werbung zu schalten – binnen weniger Minuten und sehr günstig. Dieser Prozess ist bei Overture noch komplexer und eher auf die Profis beschränkt. Googles AdWords werden mittlerweile nicht mehr nur auf den Google-Ergebnisseiten eingeblendet, sondern auch auf den Seiten zahlreicher Kooperationspartner. Und auch das korrespondierende Programm AdSense, über das Website-Betreiber ihre Werbeplätze über das Google-Advertising-Netzwerk vermarkten und mit Google Ads füllen, wird mit Hochdruck ausgebaut.
Kontextbezogene Werbung bieten dabei sowohl Google als auch Overture an: Werbung wird also nicht „planlos“ geschaltet oder einfach bestimmten Seiten/Rubriken zugeordnet, sondern es wird der Inhalt der Seite analysiert und „passende“ Werbung während des Ladevorgangs eingeblendet. Prinzipiell haben solche textuellen, passenden Werbebotschaften eine hohe Resonanz … oft deutlich höher als z.B. Bannerwerbung. Allerdings kann die Inhaltsanalyse auch nach hinten losgehen, wenn zur Nachricht über eine Unternehmensschlappe genau für Produkte dieses Unternehmens geworben wird – oder bei Berichten über den Tod von Jürgen W. Möllemann für Tandemsprünge.
Grenze zwischen Suchmaschine und Werbenetzwerk verwischt
All dies zeigt, dass die großen Anbieter kreativ sind im Erschließen neuer Geschäftsfelder. Längst ist Google kein reiner Suchmaschinenbetreiber mehr – und Overture hat lange Zeit selbst gar keine Suchmaschinen unterhalten, sondern nur bezahlte Ergebnisse beigesteuert. Mit Yahoo kommt hier weiteres Vermarktungs-Know-how hinzu … und auch viel Content, auf dem man entsprechende Ergebnisse einblenden kann.
So wird für die Suchmaschinenbetreiber immer wichtiger, die Inhalte von Webseiten automatisiert analysieren und klassifizieren zu können. Und das in allen wichtigen Sprachen, denn die Zeit der länderspezifischen Suchmaschinen scheint endgültig vorbei zu sein. Den Vorteil, den die Suchmaschinen hier haben: Sie kennen die Seiteninhalte und haben Zugriff auf einen gewaltigen Informationspool und ein riesiges Netz. Zugleich aber zeigen nicht nur die Fehlschläge bei der content-bezogenen Werbung, sondern auch das manchmal sehr irritierende Google-Ranking, dass hier der Weisheit letzter Schluss noch nicht gefunden ist. Viele magazin- und blogartige Webseiten sind eben nicht monothematisch … und genau das decken die Analysealgorithmen noch zu wenig ab.
Fazit: Es bleibt spannend. Durch die Übernahme von Overture durch Yahoo ist ein neuer, ernst zu nehmender Konkurrent zu Google entstanden. Dass sich die beiden nun jedoch bis aufs Messer bekämpfen, steht zumindest im Endkundensegment für die nächsten Monate nicht zu befürchten. Interessanter sind da schon die Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verflechtungen. Die Konkurrenten haben unterschiedliche Stärken und Schwächen, wir werden sehen, was sie daraus machen.
Übrigens – wer sich für die Entwicklungen bei Google interessiert, dem sei auch das Google-Blog empfohlen…