Alles kostenlos: Der Online-Nutzer, das böse Wesen
Ist es Ihnen schon aufgefallen? Die Surfer sind schuld. Sie sind es, die die schönen Geschäftskonzepte kaputt machen. Sie klicken nicht, wo sie sollen. Sie kaufen nicht genug online ein. Ja, sie wollen alles nur kostenlos und verstehen gar nicht, dass all die schönen Webseiten auch Geld kosten … Ja, ich bekenne mich hier öffentlich: Auch ich nutze das Web als Informationsmedium. Auch ich nutze Freemailer (und rufe dann die Mails nicht mal über das werbeüberfrachtete Web-Interface ab). Und ich bin renitent und verweigere mich, wenn mir jemand seine bisher kostenlosen Dienste plötzlich als Abo mit sechsmonatiger Vertragsbindung und automatischer Verlängerung anbietet.
Hat sich mal jemand überlegt, warum so viele Nutzer ganz ähnlich agieren? So ganz kostenlos ist das Web für sie nicht – auch wenn die Online-Anbieter von den Nutzungsgebühren nichts sehen. Aber ich würde auch nicht so oft zum Mediamarkt fahren, wenn der Parkplatz davor gebührenpflichtig wäre. Und solange es kostenlose Alternativen gibt, werden die wenigsten Nutzer bereit sein, für Angebote zu zahlen, die es in genau dieser Form bisher gratis gab. Letztlich ist er dann der Dumme, weil der Anbieter kein funktionierendes Geschäftsmodell finden konnte.
Aber das soll nicht heißen, dass ich gar nicht bereit wäre, für gute Angebote zu zahlen, die mir einen echten Nutzen bringen. Im Gegenteil: Exklusivität und individueller Mehrwert wären für mich entscheidende Kriterien.
Doch pardon … solange ich nur als Teil einer anonymen, schmarotzenden Masse behandelt werde, bin ich nicht traurig, wenn sich mancher Anbieter ein anderes Betätigungsfeld sucht. Und das bedeutet in der Summe, dass der Anbieter meine persönlichen Vorlieben und Bedürfnisse adressieren muss, um an mein Geld zu kommen. Me-too-Angebote funktionieren da einfach nicht! Wer mich in die Prozesse einbindet, mich ernst nimmt und mir Zufriedenheits- und Qualitätsgarantien gibt, der hat die Chance, mich vom bösen Nutzer zum guten Online-Kunden zu machen.
Was lernen wir daraus? Wichtig ist es, ein umfassendes, auf den einzelnen Kunden zugeschnittenes Angebot aufzubauen … und vor allem, Vertrauen zwischen Anbieter und potenziellen Nutzern zu schaffen. Doch durch das plötzliche Umschwenken von kostenlos auf kostenpflichtig, durch obskure Vertragsklauseln und unklare Servicezusagen vergrault man die Nutzer eher, anstatt seriös zu wirken. Hatte man uns nicht auch versprochen, dass all die kostenlosen Angebote „free for life“ sein sollten?
Merke: Die Kunden sind es, die dafür sorgen, dass das Geschäft floriert – wie auch immer das Geschäftsmodell aussieht. Vor allem nachdem die Venture-Capital-Geber sehr zurückhaltend geworden sind. Thesen wie „Das Einzige, was stört, ist der Kunde!“ oder „Der Kunde, das unbekannte Wesen“ sind nicht die optimalen Voraussetzungen für den Geschäftserfolg … weder offline noch online.