iPhone und kein Ende
Ich hatte kürzlich bei einer USA-Reise die Gelegenheit, das iPhone auszuprobieren und damit herumzuspielen: Das Gerät hat durchaus einen gewissen Suchtfaktor, auch wenn an einigen Stellen nicht alles perfekt erscheint. Aber für eine erste Version – man musst Apple zugestehen, dass die Entwickler ihre Hausaufgaben gemacht haben! Und das nicht nur, was die Benutzerfreundlichkeit und die Funktionen betrifft, sondern auch hinsichtlich der Entwicklung eines Geschäftsmodells, das Apple zum strahlenden Gewinner macht. Während andere Handyhersteller nur einmal mit dem Verkauf des Gerätes verdienen, erhält Apple einen Anteil der Umsätze des Mobilfunkunternehmens und hält die Nutzer auch noch im Apple-Universum: Das iPhone ist zugleich iPod und Mini-iMac … Kundengewinnung und Kundenbindung gehen Hand in Hand.
Hinzu kommt, dass das Gerät in Verbindung mit dem passenden Tarif geradezu danach schreit, ständig genutzt zu werden. Nicht nur als Handy, sondern auch als E-Mail-Chat-Video-Webbrowser-Maschinchen. Wenn ich schon eine Datenflatrate habe, wäre ich doch blöd, sie nicht auch zu nutzen, oder? Doch je mehr man das iPhone nutzt, umso abhängiger wird man davon. Mein altes Handy? Neee, danke … das ist doch eine Krücke!
Tatsächlich erfüllt das iPhone seine Funktion als Multi-Funktions-Gerät recht gut, auch wenn es manchmal ein wenig umständlich ist, von einer Anwendung auf die nächste zu wechseln. Der Webbrowser macht Spaß … und wehe, man muss wieder zurück zu seinem alten PDA: Da versucht man dann verzweifelt, die Webseiten mit zwei Fingern zu zoomen – natürlich vergeblich.
Nur: wer als Nutzer ein iPhone will, bindet sich gleich 24 Monate an seinen Mobilfunkanbieter … und selbst danach soll man das iPhone (zumindest wenn es nach dem großen T geht) nicht mit einem anderen Provider oder Tarif nutzen können. Man kann ja sein iPhone dann wegschmeißen, den Vertrag kündigen und einen neuen, vielleicht mit iPhone V4, abschließen. Kann man … aber wollen das auch die Kunden? Es ist zu erwarten, dass demnächst nicht nur neue iPhone-Modelle herauskommen, sondern auch interessante Alternativen von anderen Anbietern. 24 Monate plus x Bindung bei einem „first of its kind“-Hightech-Gadget?
Kein Wunder, dass da in den USA das iPhone-Unlocking zum Massenphänomen geworden ist. Einerseits ist ein Multi-Funktions-Gerät nur dann interessant, wenn man den Funktionsumfang nach eigenen Bedürfnissen noch etwas erweitern kann (und neue Apps installiert), zum anderen wird in den USA das iPhone in Apple-<stores zwar mit AT&T-SIM-Karte verkauft, ist aber nicht aktiviert. Apple kassiert den Kaufpreis und überlässt die Aktivierung und damit den Abschluss des Mobilfunkvertrages den Kunden. Der hat eh nur die Wahl zwischen AT&T's 3 iPhone-Tarifen. Wer aber zwischen dem Kauf im Apple-Shop und der notwendigen Aktivierung ein wenig mit dem Gerät rumspielt, kommt vielleicht auch auf die Idee, das Gerät vielleicht doch gar nicht bei AT&T anzumelden. Manche Beobachter gehen davon aus, dass jedes 4. iPhone nicht wie vorgesehen in den USA aktiviert wird. Dabei hat es Apple den Hackern leicht gemacht und freundlicherweise ein paar Hintertüren offen gelassen, die das Unlocking erlauben. Und damit das schöne Apple-Geschäftsmodell gefährden. Zweifellos hat Apple unterschätzt, dass die Nutzer sich nur ungern 24 Monate und länger einem geschlossenen Ökosystem ausliefern und dafür auch noch viel Geld bezahlen.
In Deutschland macht man es daher intelligenter und verkauft das Gerät gleich gar nicht in Apple-Stores. Nur beim großen T gibt es das iPhone (naja … oder man sucht ein wenig rum, bei eBay werden gange Wagenladungen angeboten). Ob „intelligenter“ im Sinne der Umsatzmaximierung auch „erfolgreich“ bedeutet, muss sich erst erweisen. Europa ist ein Land mit vielen kleinen Ländern (im Vergleich zu den USA) … und wer ständig die Limitierung seines Tarifs bemerkt, sobald er eine Grenze überschreitet, der wird (zumindet als Vielreisender) vielleicht doch nicht so begeistert von dem Angebot sein. Weltweites Roaming im Tarif eingeschlossen … das wär’s.
Oder wie wäre es mit einer Technologiegarantie: Kommt ein neues iPhone raus (UMTS, GPS, mehr Speicher, bessere Akkulaufzeit … whatsoever), dann kann ich für einen geringen Betrag mein Gerät während der Vertragslaufzeit tauschen. Oder ein Tarif, der einen Wechsel in günstigere iPhone-Tarife erlaubt, falls die in den nächsten 6 Monaten nach Vertragsschluss angepasst werden. Oder gleich ein iPhone, das ich nicht hacken muss und mit dem Provider meiner Wahl nutzen kann. Wenn das große T so tolle Tarife hat, die speziell auf das iPhone zugeschnitten sind, und mir bei anderen Tarifen wichtige Funktionen abhanden kommen, dann lande ich doch eh wieder dort.
Naja … das alles gibt es (noch) nicht. Zum Glück. So brauche ich mir nicht zu überlegen, ob ich mein altes SE Kxxx verschrotten muss. Und brauche mir auch keine Gedanken darüber zu machen, welche Datenspuren und Bewegungsprofile ich mit dem iPhone hinterlassen würde.