Kundenorientierte Umfrage?
Die Österreichischen Bundesbahnen laden auf der Startseite ihres Webauftritts zur Teilnahme an einer Umfrage ein. Als Lockmittel dient ein Gewinnspiel. Die Umfrage wird von einem Consultingunternehmen durchgeführt.
Auf der Einstiegsseite der Umfrage ist von einer mehrstufigen Kampagne die Rede, die in den nächsten Monaten die Gelegenheit zur Mitsprache bietet. Jede Stufe soll einen Monat laufen. Anscheinend (es gibt keine Datumsangaben) befinden wir uns zur Zeit in der ersten Stufe, der Befragung über die Mitarbeiter; folgen sollen Umfragen zum „Zug“ und zu den Bahnhöfen.
Als Bahnfahrerin interessiert mich natürlich, wie ich zur Verbesserung des Kundenservice beitragen könnte, und so klickte ich mich zur ersten Fragenseite, zur zweiten, zur dritten … und schon da scheiterte ich mit meiner Ambition, wirklich authentisch zu antworten: „Können Sie Ihren Arbeitsplatz mit den Zügen der ÖBB erreichen?“ – Nun ja, prinzipiell schon, ist mein Home-Office doch nur fünf Minuten vom nächsten Bahnhof entfernt. Aber, nun ja, diese Frage muss ich leider auslassen. Als nächstes darf ich den Streckenverlauf angeben, den ich am häufigsten benütze. Allerdings nur Inland. Mhm. Ich benütze keine Inlandsstrecke oft genug, um sie hier anzugeben.
Als nächstes: „Bitte bewerten Sie die Freundlichkeit der Mitarbeiter(innen) der ÖBB“, am Telefon, am Schalter, im Reisebüro, als Zugbegleiter(in). Zur Auswahl stehen 6 Stufen von „Sehr gut“ bis „Sehr schlecht“. Es ist mir unmöglich, diese Frage zu beantworten. Ist von Mensch zu Mensch, von Situation zu Situation unterschiedlich und mir widerstrebt es, hier pauschal Urteile abzugeben, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung …
Die nächste Frage: „Denken Sie an Ihren letzten Kontakt mit ÖBB-Mitarbeiter(innen): Wie sehr haben sich da die Mitarbeiter(innen) der ÖBB um Ihre Wünsche bemüht?“ – Ich darf zwischen „sehr bemüht“ und „weniger bemüht“ wieder aus 6 Abstufungen wählen.
Mein letzter Kontakt war der Kauf einer Bahnkarte am Schalter, die habe ich bekommen, da war nichts zu bemühen … das Grau des Fragen-Hintergrundes schlägt sich schön langsam auf meine Stimmung … ich klicke mich durch die Fragen nur noch so durch, um zu schauen, was man mir da noch zumutet an Eigenartigkeiten.
Am Ende darf ich dann persönliche Angaben machen. Für die Teilnahme am Gewinnspiel. Auf vier Seiten werden nun meine persönlichsten Daten abgefragt, nur nicht WAS? Bingo: meine Mailadresse. Ich werde also nicht über die weiteren Stufen der Umfrage und über weitere Gewinnspiele oder über was auch immer informiert. Jedenfalls nicht per E-Mail.
Die letzte Frage lautete übrigens, ob ich Besitzerin einer Vorteilscard (österr. Variante der Bahncard) sei.
Diese Frage ist mehr als überflüssig: Erstens kann das mit einem einfachen Blick in die entsprechende Datenbank festgestellt werden (wenn man den Namen und die Anschrift hat). Zweitens ist das für diese Umfrage irrelevant, in der es angeblich um die Qualität der Kundenansprache durch die Mitarbeiter geht. Drittens wird hier eine Möglichkeiten vergeben, den Bahnfahrer ONLINE zu gewinnen, sich für Permission-Aktivitäten zu registrieren. Und es wird ein ganz unangenehmer Verdacht geweckt: dass man mich künftig mit SnailMail-Spam beglücken könnte. Das umfangreiche und höchst ungeschickte Datensammeln spricht dafür.
Schade um die verpasste Chance, online hier eine wirkliche Kundenbeziehung aufzubauen. Eine dreistufige Umfrage mit Gewinnspiel auf der Startseite einer höchst frequentierten Website hätte da weitaus mehr hergegeben. Um nicht zu sagen: hätte eine spannende Fallstudie mit Beispiel-Charakter sein können. So bleibt der Eindruck einer billigen Alibi-Aktion, bei der die Möglichkeiten des Mediums völlig ignoriert werden …