E-Learning-Frust
Experten kritisieren E-Learning: Im Heise-Newsticker wird die Informationswissenschaftlerin Friederike Joedick vom Fraunhofer Institut für Integrierte Publikations- und Informationssysteme (IPSI) in Darmstadt zitiert: „Software-ergonomisch sind die Kurse oft katastrophal“, viele Angebote seien „geradezu ‚zusammengeschustert'“. E-Learner müssten sich zum Beispiel durch seitenlange Vorlesungsskripte scrollen, Lernplattformen seien mit Grafikelementen überfrachtet und E-Learning-Angebote würden ohne Lernkonzept und zu wenig praxisrelevant entwickelt. Frustration bei den Anwendern sei die Folge, Lernerfolge seien so nicht zu erzielen…
Nun, irgendwie kommt uns das alles doch bekannt vor. Tauschen wir doch „E-Learning-Plattform“ durch „E-Commerce-Anwendung“ aus, sagen wir statt „Kurs“ „Webshop“ und statt „E-Learner“ „Online-Käufer“, statt „Vorlesungsskripte“ „Hilfe-Texte“ und „AGB“ und statt „Lernerfolg“ zum Beispiel „befriedigendes Einkaufserlebnis für den Anwender und Online-Umsatz für den Anbieter“.
Und so ist abzusehen, dass 2003 vielfach das Jahr der enttäuschten Erwartungen in „E-Learning“ sein wird.
Erfolgreich wird jedoch sein, wer sich folgende Fragen stellt – und sie mit „Ja“ beantworten kann:
- Steht der Anwender wirklich im Mittelpunkt?
- Bieten wir unsere Inhalte mediengerecht aufbereitet an?
- Kümmern wir uns um unsere Anwender?
- Sehen wir E-Learning nicht in erster Linie als Möglichkeit, Kosten zu sparen, sondern als Möglichkeit, die individuellen Lern-Persönlichkeiten der Anwender zu fördern?
- Gehen wir nach reflektierten Qualitätskriterien vor, die sich an den Erfordernissen der Online-Kommunikation orientieren?
- Evaluieren wir unsere Angebote regelmäßig?
Diese Fragen ehrlich zu beantworten kann eine wichtige Grundlage für Entscheidungen sein: Was können wir selbst leisten? Wo brauchen wir Experten? Wie können wir unsere künftigen Anwender in die Planung einbeziehen? Wie können wir unsere Praxiserfahrungen in die Entwicklung von Standards einfließen lassen?
E-Learning kann so nicht nur dem „E-Learner“ neue Möglichkeiten eröffnen, sondern macht auch den Anbieter zum „Lernenden“ in Sachen Online-Kommunikation.