online-marketing-duesseldorf 2003: Kreative Lösungen für effizientes Marketing?
Wird Online-Werbung unverzichtbar für die Markenkommunikation?
„Online-Werbung steigert die Bekanntheit von Marken und verbessert das Image. Wir empfehlen den Unternehmen einen Anteil der Online-Werbung am Mediamix von etwa elf Prozent“, so die Martin Hubert, CEO von BBDO Interone zum Start der online-marketing-duesseldorf 2003 (omd). Die omd findet am 1. und 2. Oktober 2003 zum vierten Mal statt, in diesem Jahr wieder in der Rheinterrasse in Düsseldorf. Es ist die nach eigenen Aussagen führende Fachmesse für Werbung und Marketing via Internet. Im vergangenen Jahr zählte die Veranstaltung 1.700 Besucher. Ein paar Beobachtungen… Ein großes Potenzial attestierten dem Werbemedium Internet auch die Teilnehmer des online-marketing-summit, der Eröffnungsrunde des omd-Kongresses. Burkhard Graßmann, Vorstand Medien der T-Online International AG: „Mit 1,6 Prozent Anteil am Werbeaufkommen der Medien ist das Internet derzeit noch deutlich unterbewertet, schließlich verbringen die Deutschen im Schnitt rund zehn Prozent ihrer täglichen Mediennutzung im Netz.“ Auch für Franz Dillitzer, Geschäftsführer Yahoo! Deutschland GmbH, wird „der Imageeffekt von Online-Werbung oft unterschlagen“. Auf der omd stellen deshalb vor allem die komplett vertretenen Online-Vermarkter Beispiele für die erfolgreiche Integration des Internet in eine vernetzte Marken-Kommunikation vor.
Führt man sich allerdings die Aussagen der Aussteller und Experten einmal in Ruhe zu Gemüte, so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich hier eine Branche selbst feiert, die gerne zu anderen Zeiten kräftig jammert. Pikant dabei: Das Motto der diesjährigen omd lautet „Kreative Lösungen für effizientes Marketing“ … doch wenn man die Erfahrungen mancher Besucher hinterfragt, dann scheinen genau diese kreativen Lösungen zu fehlen.
So fragt sich Birthe E. Stuijts von Bloggitt.de (und als Verantwortliche für kartonagen.de) nach dem Besuch der omd: Brückenseiten doch ok? (sehr lesenswert!). Der Erfahrungsbericht vom Messe- und Kongressbesuch auf der omd 2003 sorgt für reichlich Ernüchterung. Kreative Lösungen? Fehlanzeige! Vielmehr der Versuch, mit altbekannten, problembehafteten Methoden auch in Zukunft Geld zu verdienen.
Und natürlich findet man auch Lobeshymnen auf E-Mail-Marketing und Newsletter-Versand auf der omd … von den gleichen Experten, die an anderer Stelle behaupteten, genau diese Technologien seien aufgrund der Spamfilter-Problematik quasi tot. Und auch die Kernaussagen der omd hinterlassen einen schalen Nachgeschmack – aber urteilen Sie selbst (Quelle: Pressemitteilung des omd-Veranstalters Igedo International):
Stark im Kommen, so ein erstes Fazit der omd, sind bewegte Werbeformen im Netz. Nach einer aktuellen Prognose der Agentur pilot wird sich „der Anteil von Bewegtbild-Werbung im Internet 2004 verdreifachen“. Parallel zu dieser Vorhersage präsentierten die Media-Agentur Mediadge:cia digital und der Streaming-Dienstleister CSS-media auf der omd erstmals „i-Flash-TV“. Die neue Online-Werbeform verbindet die Inhalte von TV-Spots via Flash-Technologie mit interaktiven Elementen wie etwa Gewinnspiele. „Online-Werbung wird immer mehr mit Bewegtbildern agieren“, prophezeite auch Privatfunk- und TV-Pionier Prof. Helmut Thoma: „Weil das Internet Individual- und Massenmedium zugleich ist, könnte es im intermedialen Vergleich das effizienteste Medium werden.“
Diese These stützte auch Richard Hopple, CEO von Unicast, New York, in seiner Keynote: „Das Internet wird sich als das Werbemedium mit der größten Effizienz in der Geschichte des Marketings durchsetzen.“ Voraussetzung, so Hopple, sei allerdings, dass Europa von den Fehlern in Amerika lerne. Hopple: „Besonders wichtig ist es, möglichst schnell allgemeingültige Standards, insbesondere im Bereich der Werbeformate und der Werbewährung zu etablieren.“
„Die in der Arbeitsgemeinschaft Online Forschung organisierten Vermarkter arbeiten mit Hochdruck an dem neuen Marktstandard. Eine einheitliche Online-Währung wird nach dem erfolgreichen Testbetrieb voraussichtlich schon im dritten Quartal 2004 starten“, kündigte Harald Kratel, Vorstandsvorsitzender der AGOF und Geschäftsführer G+J Electronic Media Sales, auf der omd an. Mit der Integration der AGOF in die AG.MA, die ab 1. Januar 2004 stufenweise erfolgen soll, ist dann die Gattung Online endgültig einheitlich planbar.
Die am Nachmittag des ersten Kongresstages vorgestellten Best Practices zeigten, dass Online-Werbung inzwischen ein essentieller Bestandteil der Markenstrategie vieler Werbung treibender ist. „Online ist die ideale Ergänzung zu TV-Kampagnen“, resümierte Hans-Jürgen Grabias, Geschäftsführer Marketing bei Krombacher. Für Asa Skogström, Head of Marketing bei Sony Ericsson, konnte „durch den Einsatz von Online-Werbemitteln die Nachfrage erheblich gesteigert werden.“ „Für Massmarketer sind Online-Werbeformen heute unverzichtbar, da sie Image und Produktvorteile sowie Konsumentennutzen ideal vertiefen“ so das Fazit von Rainer Wiedmann, Managing Partner von argonauten360.
Den Erfolgsbeispielen aus der Praxis stellte der Vermarkter SevenOne Interactive im Rahmen der Kongressmesse erstmals Ergebnisse einer Laborstudie zur Seite, die die Wirkungsmechanismen konvergenter Kampagnen untersuchte: So führt das Verknüpfen von Werbemaßnahmen in einer konvergenten Kampagne dazu, dass die Werbung „häufiger und länger wahrgenommen und damit besser erinnert wird“. Vernetzte Konzepte böten einen Mehrwert, der die Rendite von Werbeausgaben erhöhe.
Wachstum erwartet die Online-Branche aber nicht nur bei der Internet-Werbung. Matthias Greve, Vorstandsvorsitzender der Web.de AG, zeigte auf, dass sein Unternehmen bereits 40 Prozent des Umsatzes mit digitalen Produkten und Dienstleistungen, so genannten Paid Services, erwirtschaftet. Der Verkauf von redaktionellen Inhalten über das Netz, der Paid Content, sei dagegen bisher lediglich ein Randgeschäft, so die einhellige Einschätzung von Dr. Marcus Englert, Geschäftsführer der SevenOne Intermedia GmbH, und Fried von Bismarck, Vorstand der SPIEGELnet AG. […]
Das alles verheißt uns eine schöne neue Online-Werbewelt. Aber wo sind die „kreativen Ideen“? Werbeerfolgsmessung und ROI waren schon immer wichtige Themen. Aber Online-Werbung, die zu aggressiv meine Aufmerksamkeit zu erheischen sucht, erreicht das Gegenteil. Schon immer. Flash-Werbung bedeutet, dass ich ein Plug-In installiert und aktiviert haben muss … um Werbung zu sehen? Und Bandbreite gibt es auch nicht zum Nulltarif (in Kaiserslautern liefert mir noch immer niemand einen DSL-Anschluss zu bezahlbaren Kosten!) … wer will mich da mit Werbefilmchen ködern, wenn ich mit ISDN-Geschwindigkeit durchs Netz krieche?
Was bleibt, sind Fragezeichen. Hat die Branche wirklich die Zeichen der Zeit erkannt? Google ist mit dem sehr unaufdringlichen AdWords-Programm extrem erfolgreich – einfache, leicht zu handhabende Lösungen für Werbetreibende wie die Beworbenen. Ja: Kreativität wäre wirklich gefragt – innovative Ideen, die sich an den Bedürfnissen der Werbetreibenden und der Surfer orientieren. Und nicht an den Profitmaximierungsstrategien der Online-Marketer. Leider: Die sind auf der omd mit der Lupe zu suchen. Es stimmt schon: „Sie erzählen viel, aber nach so einer Veranstaltung kann man sich so einiges fragen.“