März 2005
Schneller finden mit Google und Firefox?
Durch die neue Funktion wird die Suche zwar nicht schneller, wie einige Online-Magazine behaupten, wohl aber der Zugriff auf das erste Suchergebnis. Und bei Google argumentiert man (verständlicherweise), dass sehr viele Nutzer eh das erste Suchergebnis als nächste Aktion anklicken werden.
Trotzdem bin ich mir nicht so sicher, ob ich die Funktion begrüßen soll: Das bedeutet nämlich, dass mein Browser unnötigerweise Traffic verursacht. Ärgerlich vor allem, wenn man mit dem Modem surft (und ich bin oft genug von unterwegs aus im Netz). Aber da merkt man es wenigstens: Leute mit Volumentarifen bei DSL-Zugängen sind auch betroffen … auch wenn das in der Regel kaum ins Gewicht fallen sollte – bei manchen Seiten oder häufiger Google-Nutzung kann da doch einiges zusammen kommen. Noch ärgerlicher aber finde ich, dass da eventuell auch Dialer- und Virenseiten vorgeladen werden, denen ich das eh gleich ansehen (und nicht klicken) würde. So gelangen die Schädlinge schon mal in den Browser-Cache. Keine wünschenswerte Vorstellung, auch wenn der Firefox weniger angreifbar ist als ein anderer weitverbreiteter Browser.
Und noch was frage ich mich: Gerade Nutzer des Firefox sind eigentlich eher “erfahrene” Netz-Nutzer, die eben auch gezielt mal auf das zweite, dritte, vierte oder gar hundertsiebenundzwanzigste Suchergebnis klicken. Da mutet es fast schon arrogant an, wenn eine Suchmaschine das erste Suchergebnis derart speziell behandelt. (Eine Möglichkeit, das Verhalten in den Google Preferences abzustellen, habe ich übrigens nicht gefunden.)
WordPress: Wie man Goodwill, Suchmaschinen-Listing und Pagerank verspielt
Am 30. März deckte Andrew Baio in seinem Weblog Waxy.org auf, dass er über ca. 168.000 Webseiten auf WordPress.org gestolpert war, die offenbar das Ziel hatten, Einnahmen über Google AdWords zu erwirtschaften. Geschickt wurde dabei ausgenutzt, dass WordPress.org einen sehr hohen Pagerank von 8 besitzt (besser: besass) und von sehr vielen Bloggern verlinkt ist. Die Links zu den fraglichen Beiträgen fanden sind nicht nur in Google, sondern beispielsweise auch in den Suchmaschinen von Yahoo und MSN.
Auf Nachfrage hat Matt Mullenweg, Entwickler der kostenlosen WordPress-Software und Betreiber der offiziellen Support-Website WordPress.org, auch offen dazu Stellung genommen, dass das Hosting dieser Seiten für ihn eine Einnahmequelle darstellt, er aber nicht direkt an den Werbeeinnahmen beteiligt sei, sondern eine Hosting-Gebühr erhebe. Diese diene dazu, die Infrastruktur und Weiterentwicklung von WordPress zu sichern.
Hinter den Artikeln im Umfang von jeweils 300-800 Worten steht Hot Nacho, ein Startup, das “freelance writers” offenbar 3$ pro Artikel bietet. Diese Artikel beziehen sich auf vorgegebene Keywords, für die im AdWords-Programm besonders hohe Preise gezahlt werden. Unnötig zu betonen, dass die Beiträge von AdWords-Anzeigen umrahmt wurden und es hier nicht darauf ankam, besonders nützliche Informationen zu verbreiten. Techniken der “Suchmaschinen-Optimierung” sorgten zusätzlich dafür, dass die fraglichen Seiten zuhauf den Weg in die Suchmaschinen fanden – und aufgrund der Popularität der WordPress-Domain auch entsprechend weit oben in den Listings auftauchten.
Doch der Spass dauerte nicht lange: Mittlerweile sind die Seiten aus Google und Yahoo verschwunden, WordPress.org hat einen Pagerank von 0 – wurde also von Google “verbannt” … und auch auf WordPress.org selbst finden sich die Artikel nicht mehr. Der Aufschrei, der durch die Reihen der WordPress-User ging, hat aber auch noch dem Ansehen und Goodwill geschadet, das Matt Mullenweg bislang entgegengebracht wurde. Viele User haben nicht nur etwas gegen diese Form der Ausnutzung der Popularität von WordPress, sondern sehen sich auch getäuscht, da sie mit ihren Links auf die Domain dieses Konzept erst ermöglicht haben. Eine Diskussion ist entbrannt darüber, ob ein Open-Source-Programmierer überhaupt ohne Wissen der Community die Popularität (s)eines Projektes kommerziell ausnutzen darf.
Dabei glaube ich, dass Matt sicher keine unlauteren Absichten hatte. Bei Hot Nacho mag das anders aussehen, zumal man bei 3$ pro Artikel auch klar zeigt, dass es hier nicht um Qualität, sondern um Masse ging. Der Vorgang zeigt aber einige andere Dinge:
- Die Popularität mancher Websites (gerader die von beliebten Open-Source-Projekten), die sich in einer hohen Zahl von Backlinks und einem entsprechenden Pagerank manifestiert, kann gezielt von Marketern ausgenutzt werden.
- Open-Source-Programmierer sind möglicherweise durchaus empfänglich für eine finanzielle Kompensation ihrer Bemühungen, werden aber von der Community oft als Vertreter einer besseren Welt wahrgenommen – und jeder Verstoß gegen die ungeschriebenen “heiligen Regeln” wird als Verrat angesehen.
- Wer der Versuchung erliegt, kann (wie in diesem Fall) herben Schiffbruch erleiden: Auslistung aus Suchmaschinen, Reputationsverlust, die User sauer, Suchmaschinennutzer sauer, Googles AdWords-Nutzer sauer, Google selbst sauer … und wahrscheinlich auch noch Stress mit dem “Partner”, dessen Content man zu hosten versprochen hatte.
Vermutlich wird auch Hot Nacho als Google-Werbepartner abgestraft und die Einnahmen aufgrund des Verstosses gegen die Teilnahmebedingungen eingefroren worden sein.
Insgesamt aber zeigt sich: Wer eine populäre Website betreibt, hat vieles zu bedenken, wenn es darum geht, den eigenen Ruf zu schützen. Matt hätte sich den Aufruhr so sicher nicht vorgestellt – und erst recht nicht die Reaktionen der Suchmaschinen. WordPress.org ist vorerst “verbrannt” … und das wiederum wirft die Frage auf, ob es irgendwann den ersten Weblog-Hoster trifft: Gerade Gratis-Hoster könnten ebenfalls empfänglich für gefakte Einträge und Weblogs sein, wenn sie dafür einen Obulus erhalten … und könnten dadurch mittelfristig ihren Nutzern und ihrem Dienst ernsthaft schaden.
Und was wäre passiert, wenn es bei den fraglichen Seiten auf WordPress.org nicht um Google AdSense in Verbindung mit Suchmaschinen-Spamming gegangen wäre? Wären die Reaktionen ebenso schnell und heftig ausgefallen? Schließlich lagen zwischen Veröffentlichung und Verbannung weniger als zwei Tage. Oder hätte es auch eine lukrative Variante gegeben, von der Popularität der Domain zu profitieren, und zugleich Goodwill und vielleicht sogar Unterstützung dafür zu ernten? Viele User äußern nämlich, dass sie vor allem verwerflich finden, dass Matt seine Absichten nicht vorab mit der Community diskutiert habe.
Social-Networking-Plattformen unter dem Hammer
Bei eBay finden sich gleich zwei Auktionen für komplette Social-Networking-Systeme: Friends365.com steht noch fünf Tage zum Verkauf, aber in den vergangenen fünf Tagen hat sich noch niemand gefunden, der das Erstgebot von 499 US-$ abgeben will. Dabei gibt es das komplette Projekt samt Datenbank. Leider weisst man aber wenig über den Erfolg des Projekts und die Größe der aktiven Nutzerbasis. Nun, einen Grund für den Verkauf wird es schon geben…
Und auch CanYouConnect.com steht stand kurzfristig zum Verkauf bei eBay. Ab 100 US-$ ein echtes Schnäppchen – nur endete die Auktion vorzeitig. Dafür ist die Featureliste wirklich beeindruckend: Einen Programmierer zu beauftragen, ein solches System zu erstellen, käme wesentlich teurer.
Doch tatsächlich zeigen diese Auktionen nur, dass es mit den Geschäftsmodellen bei den Social-Networking-Plattformen nicht weit her ist. Wer kein Wagniskapital hat, wird nicht lange genug leben, um irgendwann und möglicherweise von der zu erwartenden Konzentrationswelle zu profitieren. Und wer bei eBay ein wenig stöbert, wird viele fertige, komplett aufgebaute Webprojekte finden, die zum Verkauf stehen. Selbst wenn man die Pseudo-Projekte ausschließt, die nur zum Zweck des schnellen Verkaufs aufgebaut wurden, bleiben zahlreiche Angebote, die den Käufer faktisch wesentlich teurer kommen würden als der Kaufpreis suggeriert.